Das Spannungsfeld zwischen Patienteninformierung und dem Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel
Das Heilmittelwerberecht steht in einem Spannungsverhältnis zu den Grundrechten von Patienten und Werbungstreibenden. Vor diesem Hintergrund untersuchen der Direktor des DIGR und Assessor Dr. Markus Zimmermann in einer im Auftrag des DIGR erstellten und 2008 publizierten Studie, inwieweit die seit längerer Zeit in Rechtsprechung und Schrifttum feststellbaren Tendenzen zu einer äußerst restriktiven Auslegung der Verbotstatbestände des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) mit grundrechtlichen Vorgaben vereinbar sind. Unter exemplarischer Fokussierung auf das Publikumswerbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 10 Abs. 1 HWG arbeiten die Autoren Parameter für eine verfassungskonforme Auslegung heraus, die nicht nur den berechtigten Schutzanliegen des Heilmittelwerberechts, sondern auch den betroffenen Grundrechtspositionen von Konsumenten und Werbungstreibenden besser Rechnung tragen können als die häufig stark verbotsorientierte Rechtspraxis. Neben ausgewählten Fallgruppen untersuchen die Autoren unter anderem die Abgrenzung zwischen Werbung und Sachinformation, jüngere Liberalisierungstendenzen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und Bundesgerichtshofs, das gesundheitspolitische Leitbild eines „informierten Patienten“ sowie die Besonderheiten des Mediums Internet. Zu dieser Schrift heißt es in einer in der Zeitschrift „Die Pharmazeutische Industrie“ (Pharm.Ind.) 71 (2009), S. 1805, erschienenen Rezension unter anderem:
„Die Studie diskutiert ein Rechtsgebiet, in dem die zukünftigen Entwicklungen ihrer Richtung nach vorhersehbar, in ihren Details aber weitgehend offen sind. Das Leitbild des informierten Patienten, das weltweite Medium Internet und die allgegenwärtigen Tendenzen zu weiterer Liberalisierung werden weiterhin zu den bestimmenden Faktoren gehören. Wird § 10 Abs. 1 HWG nicht geändert oder aufgehoben, könnte die Studie nicht nur Einblicke in das verfassungsrechtliche Spannungsfeld gewähren, sondern ein absehbares Zukunftsszenario beschreiben. Wird Recht durch Auslegung und Rechtsprechung weiterentwickelt, hat dies für Betroffene – Pharma- Industrie und andere Anbieter genauso wie informationssuchende Patienten – zumindest Phasen der Unsicherheit und Ungewissheit zur Folge. Die Studie dürfte deshalb nicht nur rechtswissenschaftliche, sondern durchaus auch rechtspraktische Bedeutung haben.“ |